Leben & Werk – Als drittes von insgesamt sechs Kindern wurde der deutsche Maler und Reformer Karl Wilhelm Diefenbach am 21. Februar 1851 in Hadamar in Hessen geboren. Der Sohn des Lehrers Leonhard Diefenbach und seiner Frau Therese war einer der wichtigsten Wegbereiter einer Sozialreform, ein glühender Verfechter der Friedensbewegung und ein Pionier der Freikörperkultur.
Bis zur Obersekunda besuchte er das herzogliche Gymnasium an dem sein Vater als Zeichenlehrer unterrichtete. Schon früh wurde seine Begabung von ihm gefördert und schon mit dreizehn Jahren übernahm er den Zeichenunterricht, wenn sein Vater erkrankt war.
Nach einem Schlaganfall des Vaters schlug er aber das Angebot der Schule, dessen Platz einzunehmen, aus, um eine schlecht bezahlte Arbeit als Bauzeichner anzunehmen, damit die Familie zu unterstützten und danach bei einem Photografen in Frankfurt in die Lehre zu gehen.
Karl Wilhelm Diefenbach Toteninsel
ab 28.00 €
|
Karl Wilhelm Diefenbach Sterbender Hirsch
ab 28.00 €
|
Karl Wilhelm Diefenbach Der Rettung entgegen
ab 28.00 €
|
Mit neunzehn Jahren erfüllte sich sein Jugendtraum Malerei zu studieren. Ab 1872 besuchte er die Münchener Kunstakademie und lernte die Maler Arnold Böcklin und Franz von Stuck kennen, deren Arbeiten ihn sehr beeindruckten. Da er schon über eine jahrelange Erfahrung im Zeichnen und Malen verfügte, hatte er mit seinen Bildern schon früh Erfolg und fand Beachtung beim Münchener Publikum.
1873 erkrankte Diefenbach schwer an Typhus und musste sein Studium unterbrechen. Nach mehreren Operationen an einem Geschwür in der Achsel war sein rechter Arm verkrüppelt und er musste fortan mit seinem linken arbeiten und malen. Die Behandlung des Typhus mit einer vegetarischen Diät durch die Naturheilpraktiker Arnold Rikli und Eduard Baltzer führte zu einer drastischen Änderung seiner Lebensweise.
Er lehnte fortan jeglichen Alkohol- und Tabakgenuss ab, stellte den Fleischverzehr ein und sah sich als Bahnbrecher einer neuen, ökologisch ausgerichteten Kultur. Nachdem er 1881 aus der Kirche ausgetreten war und Mitglied in einer freireligiösen Gemeinde wurde, verkündete er seine Ideen, in Sandalen und mit einer Kutte bekleidet, von der Rückkehr zur Nacktheit, propagierte die vegane Ernährung und wandte sich gegen jede Religion und die Monogamie.
Karl Wilhelm Diefenbach Erscheinung
ab 28.00 €
|
Diefenbach Frage an die Sterne
ab 28.00 €
|
Karl Wilhelm Diefenbach Christus am Kreuz
ab 28.00 €
|
Diefenbach erregte aber nicht nur als barfüßiger Vegetariern öffentlichen Aufsehen, sondern auch mit seinen symbolträchtigen, großformatigen Gemälden. Er war ein herausragender Porträtmaler, seine spezifische Technik der Silhouettenmalerei berühmt und sein Ansehen so groß, dass er Aufträge vom königlich-bayrischen Hof erhielt. Zu seinen Ausstellungen in den Jahren 1889 und 1891 strömten tausende von Besuchern.
1885 suchte der Maler, von der Bevölkerung auch „Kohlrabi-Apostel“ genannt, nach zunehmenden Schwierigkeiten auch mit der Obrigkeit in einem verlassenen Steinbruch in Höllriegelskreuth im Isartal Zuflucht. Mit seiner Familie und seinen Anhängern gründete er die Lebensgemeinschaft „Humanitas“, eine der ersten ökologisch orientierten Kommunen, mit dem Ziel Mensch und Natur wieder zusammenzuführen.
Dieses Ziel beschreibt er in einem persönlichen Manifest von 1882, in dem er die „Grundübel“ seiner Zeit anprangert: „Fürstenhabgier, Priesterwahn und Medizinertreiben, die der Menschheit Menschlichkeit vernichtet und der Erde blühend Eden in ein Jammertal verwandelt.“
Unter anderem auf Grund seines zunehmend autoritären Wesens kam es zu Meinungsverschiedenheiten mit den Mitgliedern und den Behörden.( So kam es zum ersten Nudisten-Prozess in Deutschland.) Diefenbach nahm daraufhin die Einladung des österreichischen Kunstvereins nach Wien an und verließ mit seinen drei Kindern München.
Karl Wilhelm Diefenbach Abschied
ab 28.00 €
|
Karl Wilhelm Diefenbach ater verzeih Ihnen!
ab 31.00 €
|
Karl Wilhelm Diefenbach Kopf einer Gemse
ab 28.00 €
|
Seine Ausstellung in Wien 1892, die ein sensationeller Erfolg wurde, machte ihn berühmt und wurde begeistert aufgenommen, trotzdem er auch hier dem Spott der Öffentlichkeit ausgesetzt war. Aber er verlor durch einen Konflikt mit der Leitung des Österreichischen Kunstvereins, die Geld und Bilder von ihm veruntreute, seine Lebensgrundlage. An den Rand seiner Existenz getrieben, flüchtete er für kurze Zeit nach Ägypten und entwarf monumentale Tempelbauten.
Zurück in Österreich gründete er mit seinen Freunden, zu denen auch die Künstler Franzisek Kupka, Konstantinos Parthenis und Gusto Gräser, sowie der spätere Tierrechtler Magnus Schwantje gehörten, die umstrittene Kommune „Himmelhof“ in Ober-St.-Veit bei Wien. Die zeitweise über 20 mitgliederstarke Gemeinschaft wurde u.a. von der Pazifistin Bertha von Suttner und dem Publizisten Michael Georg Conrad unterstützt.
Die verschiedenen Maßstäbe, die der Maler für sich und seine Anhänger anlegte und den unbedingten Gehorsam, den er vor allem den weiblichen Mitgliedern abverlangte, führten zu immer stärker werdenden Auseinandersetzungen. Als die Gemeinschaft schließlich bankrott ging, zog der Maler und Despot nach Italien, auf die von Künstlern und Bohemiens bevölkerten Insel Capri.
Bis zu seinem frühen Tod fand er auf der Insel Erfolg und Anerkennung. Karl Diefenbach starb mit 62 Jahren am 15. Dezember 1913 an einem Darmverschluss. In Deutschland und Österreich geriet der künstlerische Außenseiter in Vergessenheit und sein Erbe war über 50 Jahre verschollen. Erst in den 1960 Jahren sammelte und erforschte sein Enkel Fridolin von Spaun seinen Nachlass.